Gemeinsames Baumrettungsseminar mit der Bergwacht Offenburg

Am Sonntag, dem 6. November 2022 fanden sich um 9:00 Uhr bei bestem Wetter über dreißig Piloten und Pilotinnen aus unserem Verein und befreundeten Nachbarvereinen am Startplatz Schäfersfeld ein. Ebenfalls schon vor Ort war die Bergwacht Offenburg mit fünf Bergrettern. Die Bergwacht ist leider öfter zu Gast in unseren Fluggeländen, denn wer im Schwarzwald schon länger fliegerisch unterwegs ist, weiß, dass Baumlandungen nichts Außergewöhnliches sind. So mussten auch in diesem Jahr in unseren Fluggeländen drei Gleitschirmflieger*innen von Bäumen heruntergeholt werden. Doch an diesem Sonntag stand glücklicherweise keine echte Rettungsaktion an, denn Zweck der gemeinsamen Veranstaltung von OGF und Bergwacht war, die Pilot*innen auf das richtige Verhalten bei einer möglichen Baumlandung vorzubereiten.

Einweisung bei bestem Wetter

Gleich zu Beginn der Einweisung erinnerte Jonathan Basler, Leiter der Bergrettung der Ortsgruppe Offenburg, die Pilot*innen an den „richtigen“ Notruf über die 112 mit den „fünf W“ (wer damit nichts anfangen kann, sollte dringend wieder einmal einen Erste-Hilfe-Kurs besuchen ). Er wies darauf hin, dass eine genaue Lokalisierung extrem hilfreich ist, um bei einer Rettung nicht unnötig Zeit für die Suche nach Verunglückten zu verschwenden. Auch wenn die Rettungsleitstelle die Position der Anrufenden bei modernen Mobiltelefonen oft ungefähr orten kann, ist es für die Rettungsdienste immer hilfreich, wenn die genaue GPS-Position übermittelt werden kann. Da die überwiegende Mehrzahl der Pilot*innen entweder im Smartphone oder dem Fluginstrument über einen GPS-Empfänger verfügt, sollte man sich informieren, wie damit im Notfall die GPS-Position ermittelt und mitgeteilt werden kann (z.B. mittels spezieller Notruf-Apps).

Anschließend wurde auf die extreme Wichtigkeit der Selbstsicherung gegen einen möglichen Absturz nach einer Baumlandung hingewiesen. Die Bergwacht empfiehlt das Mitführen einer Bandschlinge von (mindestens) 240 cm Länge und eines Karabiners zur Selbstsicherung im Gurtzeug, wobei diese selbstverständlich so untergebracht werden sollten, dass sie im Notfall sicher erreicht werden können (z.B. in Cockpit- oder Seitentasche). Jonathan Basler demonstrierte, wie nach einer Baumlandung ein Ende der Bandschlinge je nach Erreichbarkeit um den Stamm oder einen ausreichend dicken Ast gelegt und dann das andere Ende durchgeschlauft wird. Dadurch ergibt sich ein sogenannter „Ankerstich“, der sich nicht lösen kann und sich unter Last zuzieht, wodurch ein Abrutschen verhindert wird. Mit dem Karabiner wird dann die Verbindung der Schlinge mit dem Gurtzeug hergestellt, wobei ein Karabiner mit (Schraub-) Sicherung gegen versehentliches Öffnen empfohlen wird. Falls keine Sicherungsmittel mitgeführt wurden, können auch Leinen des Gleitschirms oder des Rettungsschirms für eine behelfsmäßige Selbstsicherung verwendet werden.

In der jüngsten Änderung der Flugbetriebsordnung des DHV wurde die Pflicht zum Mitführen einer Rettungsschnur mit 30 m Mindestlänge zwar gestrichen (siehe letzte DHV Info 238), die Bergwacht empfiehlt dies aber ausdrücklich auch weiterhin! Auch wenn die Schnur im Normalfall nicht zum Heraufziehen von Seilen oder Bergungsmaterialen genutzt wird, können damit andere wichtige Dinge wie Getränke oder Funkgeräte zur einfacheren Kommunikation in die Höhe gebracht werden.

Aufstieg zum „Baumlander“

Während Herr Basler seine Einweisung gab, simulierten seine Kollegen schon einmal die Baumlandung eines Gleitschirmfliegers. Ein Bergwachtmitglied kletterte dazu an einer großen Fichte bis in ca. 7 m Höhe auf und sicherte sich dort mit einer Schlinge. In einem echten Notfall ist verständlicherweise kein Publikum erwünscht, doch bei diesem Seminar konnten die anwesenden Pilot*innen eine Baumrettung aus nächster Nähe beobachten. Ein Retter stieg mit Hilfe von Baumsteigeisen mit zwei Seilen am Stamm zur im Baum hängenden Person auf. Dabei wurde er an einem der Seile von seinen Kameraden gesichert. Dann wurde oberhalb der zu rettenden Person eine Umlenkung eingerichtet und diese am zweiten Seil eingehängt und gesichert. Anschließend wurde sie mittels Seilwinde von den unten Sichernden zuerst leicht angehoben (um ggf. die Tragegurte des Gleitschirms lösen zu können) und schließlich zum Boden abgelassen. Auf Wunsch kann von der Bergwacht auch der Schirm schonend geborgen werden, sofern dies ohne Gefährdung für die Bergretter möglich ist.

Der „Gerettete“ wird am Seil abgelassen

Während des gesamten Seminars konnten jederzeit Fragen gestellt werden, und diese Möglichkeit wurde von den Teilnehmenden auch ausgiebig genutzt. Als besonders wichtige Information konnten die Flieger*innen mitnehmen, dass sich in der langjährigen Praxis der Offenburger Bergwacht von den im Baum gelandeten Pilot*innen noch niemand nennenswert weh getan hat. Schwere Verletzungen gab es nur in wenigen Fällen, in denen sich der Schirm nicht verfangen und den Sturz bis zum Boden verhindern hat, und bei missglückten Versuchen von Pilot*innen, eigenständig vom Baum abzusteigen. Deshalb sei hier noch einmal eindringlich daran erinnert, was hoffentlich alle schon in der Flugausbildung gelernt haben: Jeder Baum ist im Notfall ein Landeplatz und niemals ohne entsprechende Ausrüstung und Ausbildung von einem Baum hinabklettern!

Reinhold am Grill

Zum Abschluss wurde noch der Grill angefeuert und Bergwachtmitglieder sowie Gleitschirmflieger*innen konnten sich mit Vesper und Getränken stärken. In lockeren Gesprächen wurden gemeinsame Erinnerungen an frühere Einsätze aufgefrischt und zumindest bei zwei der jüngeren Bergwachtmitglieder wurde verstärktes Interesse an einem Gleitschirmflug geweckt. Eventuell findet sich unter unseren Mitgliedern mit Passagierflugberechtigung jemand, der ihnen einen Mitflug ermöglichen kann.

Das Vesper steht bereit

Der Verein der Oppenauer Gleitschirmflieger bedankt sich noch einmal herzlich bei der Bergwacht Offenburg nicht nur für das informative und spannende Seminar sondern vor allem auch für die in Vergangenheit geleisteten ehrenamtlichen Rettungseinsätze.

Das Team der Bergwacht Offenburg

Weitere Infos: Artikel in DHV Info 188 (2014)